Wieder einmal zeigt sich die Wichtigkeit der Rohmessdaten für die Überprüfung von Geschwindigkeitsmessungen.
Fehlende Zeitangaben in der Messdatei haben vor dem AG Kassel auf Antrag der Staatsanwaltschaft zu einem Freispruch geführt. Der Hintergrund laut dem zuständigen Gerichtssprecher: "Die Technik macht eine Weg-Zeit-Berechnung nicht nachvollziehbar".
Durch eine Änderung der Softwareversion beim Jenoptik Messgerät TraffiStar S350 ist eine Plausibilitätsüberprüfung der Messdatei durch einen Sachverständigen nicht mehr möglich.
Es werden in der Datei weiterhin Werte für die Position bei Messbeginn und Messende angegeben. Der Wert der Zeitangabe, der vorher in der Softwareversion S350.SC4.B.13050208 in ms angegeben war, ist aber nicht mehr zu finden. In der neuen Softwareversion S350.SC4.D.15020413 ist zwar die Bezeichnung „MEA_TDIF=“ (Measurement-Time-Difference – Messung Zeitdifferenz) immer noch vorhanden, ein Wert ist jedoch nicht mehr angegeben. Ohne eine zuzuordnende Zeitangabe kann die Geschwindigkeitsangabe des Messgeräts unter Zuhilfenahme der Strecke nicht überprüft werden.
Das Fehlen dieser wichtigen Möglichkeit der Überprüfung hat am AG Kassel zum Freispruch geführt (sobald das Urteil in schriftlicher Form vorliegt, finden Sie es wie immer in unserer Infothek zum Download). So berichtet die HNA am 26.08.2016, dass die Bußgeldstelle des Regierungspräsidiums Kassel hieraus die Konsequenz gezogen hat, zunächst keine Verfahren mehr einzuleiten, die durch neue TraffiStar S350-Messungen begründet würden. Außerdem würde die Stadt Kassel Gespräche mit dem Hersteller Jenoptik über bereits bestellte neue Geräte führen.
Die Verfahrenspraxis aus Hessen in Bezug auf das Messgerät TraffiStar S350 ist mit Sicherheit auch für die anderen Bundesländer von Interesse.
Vielleicht noch interessanter wird es sein zu sehen, ob die Konsequenz „Freispruch wegen fehlender Überprüfbarkeit“ auch für andere Messgeräte gezogen wird.