Neben vielen Schriftstücken in Einzelfällen, gibt es mittlerweile auch eine allgemeine Stellungnahme der Firma Leivtec zu unserer Arbeit. Darin wird (wie übrigens auch von der PTB) weiterhin versucht, das Löschen von Rohmessdaten schön zu reden.
Zwei einfache Beispiele belegen jedoch die mangelnde Glaubwürdigkeit dieser Aussagen und zwei aktuelle und sehr lesenswerte Entscheidungen aus dem Saarland untermauern unsere Sichtweise:
kein standardisiertes Messverfahren ohne Nachprüfbarkeit anhand von Rohmessdaten.
Die Firma Leivtec versucht das Löschen der Rohmessdaten seit Softwareversion 2.0 damit zu entschuldigen, dass es sich bei diesen Daten lediglich um Simulationsdaten handele. So etwa in ihrer Stellungnahme zur "Gutachterlichen Sachstandsbewertung der Beweismittel" der VUT Sachverständigen GmbH, Stand November 2016:
"Da die in der Falldatei gespeicherten Simulationsdaten ausschließlich zur Erstellung einer entsprechenden Datenbank genutzt wurden, enthalten diese keine Informationen über die Qualität der zugrundeliegenden Messwerte. Ebenso kann kein eindeutiger zeitlicher Zusammenhang zwischen den Simulationsdaten und einem in der gleichen Falldatei gespeicherten geeichten Geschwindigkeitsmesswert hergestellt werden."
Das ist insofern verwunderlich, als dass die Firma Leivtec im Jahr 2014 in einer sehr ausführlichen Stellungnahme zu einem DAR-Artikel "LEIVTEC XV3 – sind die Messwerte wirklich plausibel" ausführte:
"Die im Artikel beschriebene Messung zeigt nach Auswertung der Rohdaten keine Auffälligkeiten. Die berechneten Abweichungen, die laut Verfasser, Herrn Dr. Siegle, „beträchtlich sind“, beruhen auf einer nicht korrekten Auslegung der Plausibilitätsprüfung."
Während es also in 2014 mit den damals noch vorhandenen Rohdaten dem Hersteller möglich war, Zweifel auszuräumen, die ein Sachverständiger an einem Messwert hatte, soll die Löschung genau dieser Rohdaten nun unschädlich sein, da zwischen ihnen und dem geeichten Messwert kein Zusammenhang bestünde.
Weiterhin empfiehlt der Hersteller aktuell die "nahezu von allen Gutachtern genutzten und geschätzten Möglichkeiten der Überprüfung der Messung" zur Plausibilisierung, während er ebenfalls in 2014 ausführlich dargelegt hat, warum eine Plausibilitätsberechnung aus zwei Distanzen völlig ungeeignet sei, eine Messung im Nachhinein tatsächlich zu prüfen.
Hersteller (und im übrigen auch PTB) bleiben sich und ihrem Standpunkt also weiterhin treu: Der geeichte Geschwindigkeitsmesswert ist immer richtig und kann durch Plausibilitätskontrollen lediglich bestätigt werden, nicht jedoch in Frage gestellt.
Dagegen hat das AG St. Ingbert (Urteil v. 26.04.2017, Az.: 2 OWi 379/16) kürzlich in einem XV3-Fall genau aus der oben aufgezeigten Problematik heraus freigesprochen: Eine nachträgliche Prüfung der Messung ist mangels Rohmessdaten ausgeschlossen und damit ist kein faires Verfahren mehr möglich.
Die sehr lesenswerte Argumentation teilt auch das AG Neunkirchen (Urteil v. 15.05.2017 Az.: 19 OWi 63 Js 3046/16 (532/16)) und spricht im Zusammenhang mit einer TraffiStar S350 Messung aus dem gleichen Grund frei. Keine Rohmessdaten – keine nachträgliche Überprüfbarkeit – kein faires Verfahren.
Die beiden Urteile finden Sie wie immer in unserer Infothek, ebenso die zitierten Stellungnahmen der Firma Leivtec.