06.10.2015
AG Meißen bescheinigt ES3.0 fehlerhafte Messergebnisse und der PTB, das Verfahren nicht ordnungsgemäß geprüft zu haben.


Das AG Meißen sorgt derzeit mit einem 112 Seiten langem Urteil vom 29.05.2015 (Az.: 13 OWi 703 Js 21114/14, [1]) für Aufsehen. Darin setzt sich die vorsitzende Richterin eingehend mit dem Messgerät ES3.0 auseinander.

Insbesondere die Befragung des als Zeuge geladenen Entwicklungsleiters der Firma eso lässt nicht nur an der Eignung des ES3.0 als standardisiertes Messverfahren zweifeln, sondern auch am Verständnis der Firma eso am eigenen Messgerät und dem zugrunde liegenden Messprinzip.

Insofern sind auch für das erkennende Gericht die Ausführungen des Zeugen "schlicht unglaubhaft". Fraglich ist, inwieweit eine Befragung des im Patent ausgewiesenen Erfinders Keith Hartley hier Klarheit bringen könnte.

Was wir aus dem Urteil lernen in aller Kürze:

  1. Der Geschäftsführer der Firma eso will/kann die Auswertung seines Messgeräts nicht vor Gericht vertreten.
  2. Der Entwicklungsleiter der Firma eso kennt den Algorithmus der Korrelationsprüfung nicht.
  3. Der Entwicklungsleiter der Firma eso kann die Gültigkeitskriterien für die Auswertung einer Messung nicht nennen.
  4. Die Bauartzulassung basiert auf einer falschen Einstufung des Messgeräts als "Lichtschrankenmessgerät". Somit ist sie aus formellen Gründen nichtig.
  5. Ein einziger Impuls ("peak") reicht zur Messwertbildung. Das ist keine Korrelationsrechnung [2]. Damit ist die Gerätezulassung falsch und auch aus materieller Sicht nichtig.
  6. Die PTB ist als "Obergutachter" in Zulassungsfragen wegen Befangenheit ungeeignet.
  7. Die Auswertung durch esoData.esoDigitales.de ist abzulehnen, da die Möglichkeit der Manipulation besteht.
  8. Eine Überprüfung von Messwerten anhand der Rohmessdaten ist unabdingbar.
  9. "Aufgabe des Gerichts ist es nicht, ein Geschwindigkeitsmessverfahren zu retten, auch wenn es massenhaft verwendet wird."

Die Inhalte der Untersuchungsergebnisse der VUT aus den letzten Jahren finden sich damit alle in der Urteilsbegründung wieder.

Literaturverzeichnis:
[1] AG Meißen, Urteil vom 29.05.2015, Az.: 13 OWi 703 Js 21114/14
[2] Dr. Mathias Grün, Der Einseitensensor ES3.0 der Firma eso GmbH - (k)ein standardisiertes Messverfahren – Abweichende Fotopositionen, VRR 2014, S. 14 ff.