17.03.2021
XV3 – LEIVTEC fordert zum Messstopp auf – Das Dilemma des status quo


Wie am Wochenende bekannt geworden ist, fordert der Hersteller LEIVTEC seine Kunden dazu auf, vorerst von amtlichen Messungen mit dem Messgerät XV3 abzusehen.

Auch wenn der Schritt moralisch notwendig erscheint, muss man der Entscheidung des Herstellers Respekt zollen. Sie ist ein bislang nicht dagewesenes Eingeständnis von Seiten eines Geräteherstellers, dass die Zulassungsprüfung durch die PTB eben nicht – wie immer behauptet – den Ausschluss von Fehlmessungen im praktischen Einsatz garantiert.

Die Entscheidung war Folge zweier voneinander unabhängiger Untersuchungen von Sachverständigen *.

Die Tragweite der Entscheidung ist noch nicht abzuschätzen, zeigt aber deutlich das Dilemma der momentanen Situation in der Verkehrsüberwachung in Deutschland:

Es bleibt daher erneut nur die Forderung, endlich dafür zu sorgen, dass die Gerätehersteller dazu verpflichtet werden, die Rohmessdaten** bei jeder einzelnen Messung abzuspeichern.

Das ist nicht nur rechtsstaatlich geboten, sondern – wie der aktuelle Fall zeigt – auch für das Vertrauen in die Messgeräte und die konsequente Weiterentwicklung der Geräte absolut notwendig.

Dass im Übrigen die Aufforderung zum Messstopp vom Hersteller kommt und die PTB es einmal mehr vermeidet eine aufgetretene Problematik offen, transparent und konsequent zu kommentieren, zeigt wieder einmal, woher die Blockadehaltung bei der Auflösung des Status quo kommt.

Eine Mitteilung an die auswertenden Bußgeldbehörden, die Gerichte oder gar die Allgemeinheit von Seiten der PTB ist anscheinend unterblieben, so dass die aktuellen Erkenntnisse in laufenden Verfahren nur durch Unterstützung von Sachverständigen auch berücksichtigt werden können.

 

* M. Kugele, T. Gut, L. Hähnle, Versuche zum Stufeneffekt beim Geschwindigkeitsüberwachungsgerät Leivtec XV3, Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik, März 2021 und https://www.iqvmt.de/LeivtecXV3.html

**Rohmessdaten sind die Daten, die die Hardwaresensoren eines Messgeräts bei der physischen Detektion eines Messvorgangs generieren und die nach der nur technisch notwendige Filtervorgänge umfassenden Analog-Digital-Wandlung die unselektierte, ungefilterte oder anderweitig veränderte, allenfalls durch Metadaten erweiterte, Grundlage der weiteren Verarbeitung des Messgeräts bilden. Ein Messvorgang ist dabei der Zeitraum zwischen Einfahrt in und Ausfahrt aus dem Erfassungsbereich des Messgeräts durch ein Messobjekt.