14.02.2024
»Null« oder auch »Der Erkenntniswert der neuen PTB Stellungnahme zu Messreihen, Annullationsraten und Statistikdatei«


Mit Fassung vom 13.12.2023 hat die PTB ihre Stellungnahme "Der Erkenntniswert von Statistikdatei, gesamter Messreihe und Annullationsrate in der amtlichen Geschwindigkeitsüberwachung" einem Update unterzogen.

Die PTB wertet dabei nun auch aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung aus und entnimmt ihr angebliche Argumente, die gegen eine Relevanz der genannten Beweismittel für die Überprüfung von Messergebnissen sprächen.

Dabei sollte die PTB als oberste technische Bundesbehörde vielleicht lieber bei "ihren Leisten" bleiben.

Vielleicht überlässt sie juristische Auslegung dem Juristen.

Dann hätte sie Zeit, sich endlich mit den vielmals vorgebrachten validen technischen Gegenargumenten zu beschäftigen.

Die belegen nämlich zweifelsfrei, nicht nur dass, sondern auch warum Messreihen, Annullationsraten und Statistikdateien bei der Auswertung von OWi-Messungen wertvolle Hinweise liefern.

Die (auch laut PTB) vom BVerfG und BGH geforderte "erkennbare Relevanz" ist evident, wie im Folgenden an drei einfachen Fallbeispielen noch einmal erläutert wird.

 

Fallbeispiel 1 – Reflexionsmessungen bei Radar

Bei Radar-Messungen muss das Auftreten möglicher Reflexionen (Knickstrahl-, Doppel- und Mehrfachreflexion) durch den „aufmerksamen Messbetrieb“ ausgeschlossen werden.

Das Auftreten etwaiger Reflexionen an der Messörtlichkeit – und damit erkennbarer Fehlmessungen während des Messbetriebs – lassen sich erst nach der Sichtung der Messserie feststellen.

Knickstrahlreflexion bei Radar, bedeutet, dass auch jeder andere Wert dem falschen Fahrzeug zugeordnet sein kann

Leerbild bei Radar, erkennbare Fehlmessung bedeutet, dass alle anderen Messungen auch falsch sein können

In dieser Messserie waren alle LKW-Messungen annulliert, also Messstelle wegen Neigung zur Reflexion ungeeignet, Feststellung erst nach Sichtung Messserie

 

Fallbeispiel 2 – Veränderung Ausrichtung LIDAR

Beim Messgerät PoliScan FM1 zeigt die Überlagerung der ersten und letzten Fotos aus der Messserie, dass sich die Kameraposition bzw. die Perspektive verändert hat. Dies betrifft somit auch unmittelbar die Ausrichtung der Messeinheit, die unterhalb der Kamera montiert ist.

Die Veränderung der Ausrichtung der Messeinheit während des Messeinsatzes geht mit einer Veränderung der Abtastebene einher und bedeutet, dass die korrekte Aufstellung des Messgeräts nicht mehr gegeben ist. Damit sind Fehler bei der Messwertbildung nicht ausgeschlossen.

Überlagerung des ersten und letzten Fotos der Messserie zeigt die veränderte Ausrichtung des Messgeräts

 

Fallbeispiel 3 – Veränderung Ausrichtung Sensor und fehlerhafte Messwerte (ES 3.0)

Beim ES 3.0 zeigt die Auswertung der Messserie (in Verbindung mit den Rohmessdaten) eine Veränderung der Ausrichtung des Sensors während des Messeinsatzes (ohne entsprechende Dokumentation im Messprotokoll). Außerdem eine beständige Veränderung der Kameraposition bzw. des Aufnahmewinkels während des Messeinsatzes.

Die Auswertung der Rohmessdaten innerhalb der Messreihe zeigt hier insbesondere zu Beginn des Messeinsatzes verkürzte Signallängen. Der entsprechende Effekt ist nicht über den gesamten Messzeitraum festzustellen, was auf die Veränderung der Ausrichtung des Sensors zurückzuführen ist. Dies zeigt sich auch im Vergleich der Fahrzeuglängen identischer Fahrzeugtypen.

Messung um 06:30 Uhr, gemessenes Fahrzeug VW Polo (Länge ca. 4,05 m), aufgezeichnete Signallänge ca. 2,9 m

Messung um 09:23 Uhr, gemessenes Fahrzeug VW Polo (Länge ca. 4,05 m), aufgezeichnete Signallänge ca. 4 m

 

Aus solchen Auffälligkeiten ergeben sich insofern immer auch unmittelbar Fragepunkte für die Verteidigung an das Messpersonal (z.B. zur Aufstellung des Sensors bzw. der vorgeschriebenen Nachkontrolle der Sensorneigung).

Relevanz für die Verteidigung und den Betroffenen? Evident.

Dazu auch noch am Rande erwähnt: Die PTB selbst misst "Messreihen" bei ihren Konformitätsbewertungsverfahren (früher: Gerätezulassungen) enorme Bedeutung bei: Die Durchfahrten auf der PTB Teststrecke bilden, nach allem was bekannt ist, die Hauptgrundlage für diese "Prüfung". Dort scheinen viele Messungen also Relevanz für nachfolgende Einzelmessungen zu haben. Warum dies auf der Straße nicht gelten soll? Bleibt wohl ein Geheimnis.

 

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