28.10.2022
Der Beweis – Die Betrügereien des Herstellers (2/3)


Im Anschluss an unseren ersten Newsletter vom Mittwoch, wollen wir heute noch ein paar Hintergründe zum Verhalten des Geräteherstellers nachliefern.

Durch die Fa. Kistler, die als Nachfolgerin der eso GmbH die Messgeräte ES3.0 und ES8.0 vertreibt, wurden wir im Rahmen der von uns seit längerem thematisierten LED‐Problematik mit folgender Aussage konfrontiert: Wenn man die betreffende Datei des ES3.0 mit dem jüngst zugelassenen Auswerteprogramm für das Nachfolgesystem ES8.0 öffne, so würde sie als »fehlerhafte« Falldatei erkannt und verworfen. Und im Betreffsfall handele es sich demnach auch um keine Datei, die verwendbar wäre.


Öffentliche Informationen, ob es sich hierbei auch um eine Arbeitsanweisung für die auswertenden Behörden handelt (und diese möglicherweise nach Kenntnis des Herstellers nicht verwendbare Vorgänge beanzeigen), sind nicht existent.


In Anbetracht der Tatsache, dass die LED‐Problematik sowohl vom Hersteller, als auch der PTB seit mehr als zwei Jahren geleugnet wird, erschien dieses Statement doch mehr als überraschend, so dass wir uns näher mit der neuen Auswertesoftware »ed3« in Verbindung mit LED beeinflussten ES3.0 Messungen beschäftigt haben (Lesen Sie zum genauen Vorgehen inkl. Fotodokumentation unsere bald erscheinende Stellungnahme).


Das Ergebnis der Untersuchung haben wir bereits am Mittwoch mitgeteilt, aber was bedeutet das für den Hersteller?


Nicht nur kommt die Fa. Kistler auf die abenteuerliche Idee, Sachverständigen für die Auswertung von OWi‐Messungen eine vom Zulassungsrecht für die juristische Verwertung von Messvorgängen unzulässige Arbeitsweise aufzudrängen.


Nein, Kistler verschweigt auch der Öffentlichkeit, dass ein (von Sachverständigen aufgedeckter) systemischer Fehler in ihren Messgeräten tatsächlich vorliegt. Durch die Implementierung eines Algorithmus in der Auswertesoftware bestätigt der Gerätehersteller, dass LED-Einflüsse bei ES3.0 (und wohl auch bei ES8.0) Messungen real sind.


Aber anstatt ihren Verpflichtungen aus MessEG und MessEV, insbesondere § 23 Absatz 6 MessEG, nachzukommen, wird die Problematik öffentlich weiterhin geleugnet, unter der Hand eine entsprechende Softwareänderung durchgeführt, und die Rohmessdaten, anhand derer man die vorkommenden Messfehler entdecken und nachweisen könnte, bei Messungen mit dem ES8.0 kurzerhand gelöscht. Im vollen Bewusstsein dieser Problematik und der Möglichkeit, LED‐Einflüsse anhand von Rohmessdaten erkennen zu können (die entsprechende Softwareänderung des Auswerteprogramms wurde am 19.05.2020 zugelassen), beteiligte sich die Fa. Kistler dann auch noch als Mitglied der Interessenvertretung BVST an einer Veröffentlichung zum 15.01.2021, die zum Fazit gelangt, dass Rohmessdaten


»ungeeignet sind, die Richtigkeit eines von einem Geschwindigkeitsmessgerät angezeigten Messwerts zu überprüfen.«


Lesen Sie in Teil drei der Newsletterreihe in der kommenden Woche mehr über die Rolle der PTB in diesem Verfahren.