Vor kurzem wurden (eigentlich seit über 20 Jahren bekannte) Fehlermöglichkeiten bei Handlasermessgeräten (genauer beim LTI20/20) festgestellt.
PTB und Hersteller haben nun reagiert. Eine neue Gebrauchsanweisung wurde veröffentlicht und die PTB hat in einer Stellungnahme ausgeführt: Alles wieder in Ordnung.
Und stimmt das?
Mitnichten.
Inwiefern die PTB mal wieder ihrer Verantwortung nicht nachkommt, ebensolche lieber auf die Anwender abschiebt, und welche konkreten ungewünschten Folgen dies für das OWi Verfahren in Deutschland hat, zeigen wir im Folgenden auf.
Aus den aktuellen Untersuchungen, aber eben auch aus der Vergangenheit und auch aus der „Problemlösung“ der PTB ist eindeutig, dass es bei den aktuellen Untersuchungen um eine klar einzugrenzende Fehlersituation geht, nämlich dass Fehlmessungen (bis in eine Größenordnung von 7 km/h) bei geringen Messentfernungen vorkommen können.
Aus den Regelungen der PTB (genauer den PTB-A für Lasermessgeräte) geht klar hervor, dass solche Fehlermöglichkeiten technisch verhindert werden müssen, also gerade kein Fall für Anwendersorgfalt und damit die Gebrauchsanweisung sind.
In den entsprechenden PTB-A heißt es unter 1.7:
1.7.1 Erschweren betrügerischer Nutzung und Falschbedienung
Siehe Nr. 1.7.2.
1.7.2 Eignung für beabsichtigte Nutzung
Abgleiteffekt
Das Messgerät muss durch seine optischen oder elektronischen Eigenschaften oder über seine Gerätesoftware sicherstellen, dass ein Auftreffen der Laserimpulse auf eine schräge Fläche (sogenannter Abgleiteffekt) zu keinen unzulässigen Messwertverfälschungen führt.
Aufstellung
Laserhandmessgeräte müssen so beschaffen sein, dass normale Sorgfalt beim Aufstellen und Einrichten ausreicht, um Messrichtigkeit und Messbeständigkeit zu gewährleisten. Alternativ müssen sie eine einfache Möglichkeit zur nachträglichen Überprüfung messrelevanter Aufstellparameter bieten.
Das Messgerät muss betrügerische Nutzung erschweren, darf also keine Messwerte anzeigen, die durch Fälschung zustande gekommen sein können, also z.B. durch absichtliches Ausnutzen des Abgleiteffektes.
Und dies muss explizit durch optische, elektronische oder Softwaremaßnahmen geschehen und darf dem Benutzer keine übermäßige Sorgfalt aufbürden.
Historischer Exkurs:
Zum Zeitpunkt der Zulassung der ursprünglichen Radarmessgeräte war eine technische Erkennung von Doppelreflexionen nicht sicher möglich und trotzdem die Verwendung von solchen Messgeräten notwendig, da ansonsten für viele Einsatzfelder keine praktikable Alternative bestand. Dann mag die Abwägung, auch ausgehend von der damaligen Rechtslage, so aussehen, dass das Sicherstellen des korrekten Messwertes über Gebrauchsanweisung dem Nutzer aufgedrückt wird. Stichwort: Aufmerksamer Messbetrieb.
Allerdings befinden wir uns aktuell in einer gänzlich anderen Situation und wir erhalten (wieder einmal) den Beweis für die Weigerung der PTB (und des dort angesiedelten Regelermittlungsausschusses) eine sachgerechte Prüfung durchzuführen. Der Abgleiteffekt ist seit mindestens 20 Jahren bekannt, wird aber bei der Gerätezulassung nicht geprüft. Das zeigt einmal mehr: Selbst gesicherte Fehlermöglichkeiten fließen nicht in die Prüfungsvorgaben der PTB ein. Sie kommt damit ihren Aufgaben nicht nach.
Denn die PTB hat als Regelermittlungsausschuss nach § 46 Abs. 1 MessEG auf Grundlage des Standes der Technik zu handeln.
Und dieser lautet (allerspätestens heute): Handlasermessgeräte neigen bei geringen Messentfernungen zu Fehlmessungen durch Verschwenken. Und diese Fehlermöglichkeit muss (genauer) geprüft und technisch verhindert werden.
Es wird also nicht etwa ein simpler (z.B. softwareseitiger) Mechanismus gefordert/implementiert, dass Messungen bei geringen Entfernungen (z.B. unter 100m) schlicht unterdrückt.
Nein, es erfolgt eine Änderung der Gebrauchsanweisung, um die Vermeidung von Fehlmessung in den Verantwortungsbereich des Messpersonals zu verschieben.
Dies wiederum hat zwei eklatante Auswirkungen:
Schaut man in diesem Zusammenhang z.B. nach Hessen und NRW, scheinen die Beamten in NRW schlicht wesentlich geeigneter zu sein, also solche etwa im Nachbarland.
Denn während in NRW für die Ausbildung zum Auswerten von zwei (!) unterschiedlichen Messgeräten zwei Unterrichtseinheiten à 45 Minuten ausreichen, stellt man in Hessen klar:
IV.4 Bildauswertung der Geschwindigkeitsverstöße
Mitarbeiter der Kommunen, die lediglich mit der Auswertung der Messdatensätze beauftragt sind, müssten an einem eintägigen, auf das jeweilige Messgerät abgestimmten Auswerteseminar, teilnehmen (siehe Anlage III.2). Die Auswertung der Messdatensätze erfordert Kenntnisse zur Messtechnik, der beweissicheren Fotografie, der Bedienung des Gerätes und der dazu ergangenen Rechtsvorschriften als Voraussetzung für gerichtsverwertbare Messungen.
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