17.07.2025
Warum das standardisierte Messverfahren nur mit Rohmessdaten funktioniert – und was wir trotzdem prüfen können


In der alltäglichen Verteidigungspraxis stehen Sie häufig vor demselben Szenario: Das Gutachten des Standard-Sachverständigen liegt vor. Dutzende Seiten technische Prüfung, viele Tabellen, viele Abkürzungen. Das Ergebnis? Keine Hinweise auf technische Fehler. Für den Mandanten eine bittere Enttäuschung. Für Sie Routine. Doch was steckt wirklich dahinter?

Der blinde Fleck der Standard-Gutachten

Viele Sachverständige prüfen – scheinbar gründlich – anhand der Informationen, die im Verfahren vorliegen. Sie „überprüfen“ oder „plausibilisieren“ dann den vom Messgerät vorgeworfenen Geschwindigkeitswert. Das heißt, dass sie nach konkreten Hinweisen suchen, die diesen Wert in Zweifel ziehen könnten. Einen solchen werden sie aber in aller Regel nicht finden können. Dazu fehlen die Rohmessdaten. Sie sind in dieser Arbeitsweise so verstrickt, dass sie selbst in den Messverfahren danach vorgehen, in denen Rohmessdaten (oder eine vergleichbare Datenbasis) doch einmal vorhanden sind. Da wird mit den bereits selektierten Daten „geprüft“. Also mit dem Ergebnis der internen Datenverarbeitung und -auswahl des Messgeräts. Was bedeutet das?

Drei Schritte der Geschwindigkeits"messung"

Jede moderne Geschwindigkeitsmessung lässt sich abstrakt in drei Schritte unterteilen:

  1. Datenerfassung: Vom Zeitpunkt wo das Messobjekt den Erfassungsbereich betritt, bis es in wieder verlässt, erfasst das Messgerät Signale. Die Gesamtheit dieser Signale sind die Rohmessdaten.

  2. Datenselektion: Das Gerät filtert Störsignale und andere Objekte heraus, selektiert die für die Berechnung relevanten Daten.

  3. Berechnung: Aus den selektierten Daten wird die Geschwindigkeit errechnet.

Die meisten Standard-Gutachten setzen erst bei Schritt 3 an. Sie wiederholen die Berechnung anhand der bereits selektierten Daten. Das ist jedoch keine unabhängige Prüfung. Es ist lediglich eine Bestätigung dessen, was das Gerät ohnehin ausgegeben hat. (Mit dem immer gleichen Ergebnis.)

Rohmessdaten: Die fehlende Grundlage

Warum sind Rohmessdaten so wichtig? Nur mit ihnen lässt sich die gesamte Datenkette nachvollziehen. Nur so kann der Sachverständige prüfen:

In der Praxis sind Rohmessdaten jedoch bei vielen Geräten nicht mehr zugänglich. Hersteller speichern sie nicht ab, die PTB hat dies nicht gefordert. Sie verbietet es mittlerweile sogar. Das Ergebnis: Betroffene stehen mit leeren Händen da.

„Auch Rohmessdaten würden nichts ändern“ – wirklich?

Ein gerne bemühter Satz von Standard-Sachverständigen lautet: „Auch mit Rohmessdaten würde sich das gleiche Ergebnis ergeben.“ Das ist gleich aus zwei Gründen problematisch:

  1. Missachtung der Selektion: Dieser Satz setzt voraus, dass die Datenselektion des Geräts unfehlbar ist. Das ist jedoch eine Annahme, keine Tatsache.

  2. Fehlende eigene Analyse: Ohne eigene Selektion aus den Rohmessdaten kann kein unabhängiges Ergebnis ermittelt werden.

Unsere eigene Studie am ES3.0-Gerät (wo Rohmessdaten gespeichert werden) hat gezeigt: In ca. 30 % der Fälle fanden wir Abweichungen von 1 bis 8 km/h. Fehler, die sonst niemals aufgedeckt worden wären.

Was tun, wenn Rohmessdaten fehlen?

Wenn Rohmessdaten nicht vorhanden sind, ist ein konkreter Gegenbeweis gegen den Messwert schwierig. Dennoch kann der Sachverständige prüfen – und das ist entscheidend:

Bestimmungsgemäße Verwendung nach § 33 MessEG

§ 33 Abs. 1 MessEG bestimmt:

"Werte für Messgrößen dürfen im […] amtlichen Verkehr […] nur dann […] verwendet werden, wenn […] ein Messgerät bestimmungsgemäß verwendet wurde […]"

Was bedeutet das?

Selbst kleine Abweichungen können hier rechtliche Folgen haben. Denn der Gesetzgeber knüpft die Verwertbarkeit des Messwertes an die bestimmungsgemäße Verwendung.

In der Praxis zeigt sich immer mehr: Die Gerichte sind gewillt, dieser Argumentation zu folgen.

Unser Ansatz: Neutral, detailliert, gerichtsfest

Wir prüfen dort, wo andere nur bestätigen. Mit oder ohne Rohmessdaten liefern wir Ihnen:

So können Sie als Verteidiger punktgenau angreifen – oder im Zweifel das Gericht überzeugen, dass der Messwert nicht verwertbar ist.

 

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