Das Bundesverfassungsgericht hat Mitte dieses Jahres endlich eine seit Jahren erwartete Entscheidung zum Thema Rohmessdaten gefällt, die jedoch mehr Fragen eröffnet, als beantwortet hat.
Für alle Verfahrensbeteiligten beginnt nun wieder eine Zeit der langwierigen Diskussionen. Der undankbaren Versuche den Halbwahrheiten und dem schlichten Unwissen zu begegnen, dass PTB und Gerätehersteller an deutschen Gerichten verbreiten.
Eine der Kernfragen wird dabei weiterhin sein: Kann es ein rechtsstaatliches, ein faires Verfahren geben ohne Rohmessdaten?
Eine Frage, deren Beantwortung das BVerfG vermieden hat, aber wozu es eine Tendenz hat anklingen lassen: Grundvoraussetzung dafür, dass Rohmessdaten ein faires Verfahren bedingen, ist, dass sie eine Überprüfung von Messergebnissen ermöglichen.
Zu Unrecht geht das BVerfG davon aus, dass diese Frage in der Sache (!) umstritten wäre.
Aber wer die Verhandlung vor dem SaarVerfGH verfolgt hat, weiß: Die PTB argumentiert in der Sache (!) nicht gegen den Nutzen von echten (!) Rohmessdaten für die Prüfbarkeit von Messergebnissen.
Wer die Softwareentwicklung bei ES3.0 und ES8.0 im Anschluss an die LED-Problematik verfolgt hat, weiß: Auch die Gerätehersteller nutzen die Rohmessdaten, um nachträglich (!) ihre Messergebnisse zu prüfen.
Wer den Niedergang des Leivtec XV3 verfolgt hat, weiß: Hätte die PTB dem Hersteller gestattet, wieder auf eine Softwareversion mit Rohmessdaten up- bzw. downzugraden, wäre es möglich gewesen, die durch eine Versuchsreihe festgestellten Abweichungen näher zu untersuchen, und durch individuelle Prüfungen im Einzelfall ausschließen zu können.
Nun steht eine weitere Studie kurz vor ihrer Veröffentlichung und die Wahrheit tut weh. Nicht nur der PTB und den Geräteherstellern, sondern auch anderen Sachverständigen.
Denn das einzige Messgerät, das Rohmessdaten speichert, liefert Fehlmessungen in erschreckender Regelmäßigkeit. Die wenigsten Sachverständigen werden die Ergebnisse dieser Studie bestätigen können, was leider eine weitere traurige Befürchtung bestätigt: Die Desinformationsstrategie von Herstellern und PTB schlägt sich auch in der Sachverständigenbranche nieder. Die wenigsten führen wirklich eine eigene und damit individuelle, also echte, Überprüfung der Messergebnisse durch, werten also die Rohmessdaten aus.
Die meisten beschränken sich auf eine Plausibilisierung von Messergebnissen der Gerätehersteller, tun also das, was PTB und Hersteller (zurecht) als „sinnlos“ beschreiben: Ein Nachrechnen der Ergebnisse des Messgeräts mit den gleichen Werten. Und zwangsläufig dem gleichen Ergebnis.
Dabei ermöglichen die Rohmessdaten soviel mehr. Nämlich eine eigene Auswahl der relevanten Daten für eine Berechnung, sprich eine individuelle Datenselektion. Einen (notwendigen) Schritt, den PTB und Hersteller in all ihren Einlassungen zum Thema Rohmessdaten geflissentlich verschweigen und übergehen.
Mit dieser neuen Datenbasis, die individuelle Gegebenheiten und Anzeichen in den Rohmessdaten berücksichtigt, ist eine vom Messgerät völlig losgelöste Überprüfung des „geeichten Messwertes“ möglich. Das ist wissenschaftlicher Fakt.
Und unsere zum Verkehrskongress erscheinende Studie untermauert nicht nur die angewendete Methodik, sondern auch die erschreckenden Ergebnisse, die solche Prüfungen offenbaren.
Und eben auch die Antwort auf die eingangs gestellte Frage:
Ja, Rohmessdaten sind das einzige Mittel, um ein ansonsten nicht nachvollziehbares Ergebnis eines geheimen Rechenvorgangs eines Messgeräts zu überprüfen.
Besuchen Sie unseren Verkehrskongress am 29.09.2023 in Saarbrücken. Ihr Ticket buchen Sie einfach unter verkehrskongress.de.